Die Güterstandsschaukel

Der gesetzliche Güterstand der  Zugewinngemeinschaft als Gestaltungsinstrument im Bereich des Schenkungs- und Erbrechtes

von Dr. Heribert Warken

Schaut man sich im Internet die Beiträge unter dem Begriff der Zugewinnausgleich an, so betreffen fast alle Beiträge den Bereich des Scheidungsrechtes.

Sicherlich ist richtig, dass fast jede 2-3 Ehe heutzutage vorzeitig beendet wird und damit auch der häufig vereinbarte gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Umgekehrt ist jedoch auch richtig, dass der andere Teil der Ehen funktioniert und die Familien intakt sind. Und gerade an diese Zielgruppe ist der nachfolgende Beitrag gerichtet.

Für diesen Personenkreis, welche ebenfalls häufig den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bei der Eheschließung gewählt haben, kann die Auflösung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft mit Wissen und Wollen ein interessantes Gestaltungsinstrument im Rahmen von Erbschafts- und Schenkungsüberlegungen sein.

Aber fangen wir vorne an:

1) Was ist der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft?

Gem. § 1363 Abs.1 BGB leben alle, die heute ohne Ehevertrag heiraten, rechtlich im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Anders als der Begriff vielleicht vermuten lässt, bleiben jedoch Vermögen und Schulden eines jeden Ehegatten getrennt. So bleibt alles was vor der Ehe dem jeweiligen Ehepartner gehört hat, auch danach jeweils in seinem Eigentum gem. §1363 Abs.2 BGB.

Weiterhin verwaltet hiernach auch nach der Eheschließung jeder Ehepartner sein Vermögen und seine Schulden selber. Diese Vermögenstrennung führt dazu, dass ein Ehegatte auch nicht für die Schulden des anderen Ehegatten einstehen oder gar haften müsste. Daher brauchen auch viele Paare wegen vorhandener Schulden des einen Ehepartners auch nicht unbedingt einen Ehevertrag schließen, obwohl dies häufig angenommen wird.

Auch Vermögen, welches jeweils während der Ehe erworben, vererbt oder geschenkt wurde, bleibt das Eigentum des jeweiligen Ehepartners.

Nur wenn die Ehegatten gemeinsames Vermögen erwerben -z.B. in dem sie ein Haus gemeinsam kaufen- werden auch beide zivilrechtliche Eigentümer. In diesem Fall sind sie dann auch für die Schulden verantwortlich, wenn beide den Darlehensvertrag unterschrieben haben.

2) Wie ermittelt sich der Zugewinnausgleich?

Die Berechnung des Zugewinns erfolgt, indem man die Gesamtvermögen der beiden Ehegatten miteinander vergleicht. Hierbei wird der Vermögenszuwachs (Zugewinn) als Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen eines jeden Ehegatten bestimmt. Die Differenz des jeweils ermittelten Zugewinns stellt den Zugewinnüberschuss dar. Dieser wird halbiert und derjenige der einen höheren Zugewinn hat, muss diesen Betrag dem anderen Ehepartner ausgleichen.

Zur Erläuterung folgendes Berechnungsbeispiel für den Zugewinnausgleich:

EhemannEhefrau
EUREUR
Anfangsvermögen (§1374 BGB)00
Endvermögen (§ 1375 BGB)100.00050.000
Zugewinn (§ 1373 BGB)100.00050.000
Überschuss Zugewinn50.00050.000
X 50%25.00025.000
Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs.1 BGB)-25.000+25.000
Vermögen nach Zugewinnausgleich+75.000+75.000

Bei der Ermittlung des Anfangsvermögens (§ 1374 BGB) sind drei Dinge zu berücksichtigen:

Sofern nicht nachgewiesen werden kann, welches Anfangsvermögen bei Eheschließung vorhanden war, wird das Anfangsvermögen mit 0 EUR angesetzt (§ 1377 Abs.3 BGB)

Erbschaften und Schenkungen bleiben bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs außen vor, da Sie dem Anfangsvermögen (§ 1374 Abs.2 BGB) zugerechnet werden, selbst wenn sie erst während der Ehe erworben wurden. Dadurch unterliegen Sie grundsätzlich nicht dem Zugewinnausgleich.

Auch negatives Anfangsvermögen kann vorkommen, wenn einer oder beide Ehepartner mit Schulden in die Ehe gestartet sind (§ 1374 Abs. 3 BGB). Gleiches gilt natürlich auch mit dem Endvermögen (§ 1375 Abs.1 S.2 BGB).

In diesem Fall sei jedoch angemerkt, dass der Zugewinnausgleich auf die Höhe des tatsächlich vorhandenen Vermögens beschränkt ist (§§ 1378 Abs.2 S.1, 1384 BGB).

3) Wie kann ich nun den Zugewinnausgleich als Gestaltungsinstrument nutzen?

Der Ausgleich des Zugewinns als Gestaltungsinstrument ist auch unter dem Begriff „Güterstandsschaukel“ bekannt.

Zur Erläuterung und Veranschaulichung nutzen wir folgendes sehr vereinfachtes Beispiel, wobei wir die Beträge zwischen Ehemann und Ehefrau aus Gleichberechtigungsgründen auch einfach austauschen können.

Beispiel:

Bernd (EM) und Erna (EF) haben sich vor ca. 40 Jahren an der Uni kennen und lieben gelernt. Die Beiden zogen zusammen, heirateten kurz nach dem Studium und ein paar Jahre später kamen zwei Kinder zur Welt. Da beide Eheleute nach dem Studium kein eigenes Vermögen hatten -man startete mit 0- wurde seinerzeit auch kein Ehevertrag geschlossen. Als die Kinder klein waren, blieb die EF zu Hause, um sich um die Familie zu kümmern. EM war zunächst in leitender Position im Immobilienbereich tätig und machte sich nach einigen Jahren erfolgreich selbständig. Die Firma war am Markt sehr erfolgreich und erzielte gute Gewinne. EF fing nachdem die Kinder groß waren zunächst Teilzeit und dann wieder Vollzeit an zu arbeiten.

Die Eheleute sind heute Mitte bzw. Ende 60 und überlegen schon ein Teil ihres Vermögens auf die Kinder zu übertragen. Die Vermögenssituation der Eheleute sieht wie folgt aus:

EhemannEhefrau
EUREUR
Anfangsvermögen 00
Aktuelles Vermögen4.000.0000

Wie relativ einfach ersichtlich ist, ist das aktuelle Vermögen der Eheleute sehr ungleich verteilt. Würden beide heute Vermögen auf ihre Kinder übertragen wollen, so könnte dies nur der Vater, da die Mutter aktuell kein Vermögen besitzt. Sicherlich ein sehr extremes Beispiel, aber es soll die Wirkungsweise veranschaulichen.

Da jeder Ehepartner gegenüber jedem Kind alle 10 Jahre einen Freibetrag von EUR 400.000 hat, innerhalb dessen er steuerfrei Vermögen übertragen kann, führt die obige Situation zu einem suboptimalen Resultat, da bei einer Vermögensübertragung nur die Freibeträge des Vaters ausgeschöpft werden können, nicht aber die der Mutter.

Vor diesem Hintergrund ist die Überlegung das Gestaltungsinstrument der „Güterstandsschaukel“ zu verwenden:

Die Güterstandsschaukel wird herbeigeführt durch eine ehevertragliche Beendigung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft für die Zukunft.

Hierdurch entsteht eine Ausgleichsforderung der Ehefrau an den Ehemann (§ 1378 BGB), die keine freigebige Zuwendung darstellt, sondern vielmehr von Gesetzes wegen mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstands (§ 1378 Abs.3 Satz 1 BGB) entsteht. Die Begründung der Ausgleichsforderung ist somit nicht schenkungssteuerbar, wie § 5 Abs.2 ErbStG klarstellend regelt.

Dementsprechend passiert in unserem Ausgangsfall folgendes: